Wenn Distanzierung zur Herausforderung wird - Einblicke in eine Pflegeeinrichtung​

Unternehmen und Corona – die Veränderungen der Arbeitswelt sind einschneidend. Doch wie geht eine Pflegeinrichtung damit um? Hier führt die aktuelle Situation zu tiefgreifenden Veränderungen im sozialen Gefüge, mit denen MitarbeiterInnen und SeniorInnen irgendwie umgehen müssen. Doch mit der entsprechenden Kreativität kann auch diese Hürde zu einem beachtlichen Anteil abgebaut werden.  

Pflegepersonal am Limit

Unser Beispielunternehmen ist im Bereich der häuslichen Alten- und Krankenpflege tätig und betreibt ein Vereinsheim für hilfe- und pflegebedürftige Personen mit insgesamt 140 kleineren und größeren Wohneinheiten oder Wohngruppen. In Zeiten von Corona, dem Distanzgebot und den damit verbundenen zusätzlichen Belastungen sind hier die MitarbeiterInnen besonders stark belastet und gefordert. 

 

Ganz klar, die Mitarbeiterschaft geht derzeit jeden Tag an ihre Grenzen. Besonders herausfordernd stellt sich die Situation dar, da zum Teil auch alleinerziehende Mütter hier tagein tagaus ihren Dienst verrichten. Es stelle sich nie die Frage es nicht zu schaffen, so der einstimmige Tenor des Pflegepersonals. Die tägliche Herausforderung besteht darin, den Alltag in der Einrichtung so umzugestalten, dass zum einen die Risikogruppe, also die BewohnerInnen geschützt werden und zum anderen die MitarbeiterInnen arbeiten können und dabei gesund bleiben.  

Unkonventionelle Wege in der Kinderbetreuung

Vor der ersten großen Herausforderung standen die Mütter und Väter als die Kitas von heute auf morgen ihre Türen schlossen. Man half sich, hier zunächst mit einer Überbrückungslösung. Und diese war nicht ganz konventionell, denn der MitarbeiterInnen- und Meetingbereich des Heimes wurden kurzerhand beräumt und kindersicher gemacht. Mit der Hilfe aller, wurde ein Spieleparadies für Kinder eingerichtet, Malsachen, allerlei Spielzeug, Brettspiele, Bücher und auch ein paar Sportgeräte wie Matten und Reifen herangeschafft. Eine Kollegin, die sonst für die pädagogische Betreuung der Bewohner zuständig ist, übernahm die Kinderbetreuung. Das Resultat: Die Kinder waren glücklich und die MitarbeiterInnen konnten beruhigt ihrer Arbeit nachgehen. Nach vier Tagen wurde in der öffentlichen Kita eine Notbetreuung eingerichtet, sodass Eltern, die beide in gesellschaftsrelevanten Bereichen tätig sind, ihre Kinder wieder zur Betreuung geben können. 

 

Gangpartys auf Distanz und „Pflegeentertainment“

Aber auch das Leben der BewohnerInnen hat sich drastisch verändert. Die gemeinsamen Essenszeiten im Speiseraum sind abgesagt. Gegessen wird allein. Auch gemeinsame Spiele oder Lesestunden sollten aus Vorsicht nicht mehr durchgeführt werden. Damit gaben sich Heimleitung und MitarbeiterInnen jedoch nicht zufrieden. Es entstanden die, inzwischen in Woche drei, außerordentlich beliebten Gangpartys. Und so funktioniert es: Das Personal platziert die Bewohner an ihren Zimmertüren. Dadurch wird der Abstand gewahrt, aber das gemeinsame Vergnügen leidet nicht. So wird gegessen, gequatscht und gespielt – fast wie immer. Not mache erfinderisch, so die Heimleitung. Auch die MitarbeiterInnen entdecken neue Seiten an sich, denn Sie sind plötzlich so etwas wie Animateure und organisieren eine Art „Pflegeentertainment“.  

 

Und das ist auch notwendig. Denn Familienbesuche für die BewohnerInnen, gemeinsame Zeiten mit Angehörigen von „draußen“ sind derzeit tabu. Für viele BewohnerInnen kam der Beschluss, von Besuchen von außen zunächst abzusehen, wie ein Schlag ins Gesicht. Sie schmollten und wollten die MitarbeiterInnen, die Leitung der Einrichtungen und die MitbewohnerInnen auch nicht mehr sehen. Es musste also eine Lösung her: Onlinezeit. Dank Digitalisierung und mit Hilfe der MitarbeiterInnen können die BewohnerInnen jetzt Videochatten. Mit einem Tablet marschiert der chatverantwortliche Mitarbeitende von Zimmer zu Zimmer und stellt den Kontakt zu den Familienangehörigen her. Manche haben dabei ganz schön viel zu erzählen, einige schauen sich einfach das Leben ihrer Lieben an und waren für eine kurze Zeit mitten drin und einfach dabei.  

 

Wir sagen Daumen hoch für so viel Einsatz! 

 

Redaktion und Text: MIKOMI | mikomi.hs-mittweida.de

Ansprechpartnerin:

Claudia Gränitz-Kleiber

MIKOMI  | Institut für Mittelstandskooperation

+49 3727 58 – 1549

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